Atmosphäre und Harmonie
Der Teppich von Ruckstuhl - der ästhetische Beitrag zum stimmigen Ganzen.
So einfach und selbstverständlich, wie es klingt, ist die Sache mit den Atmosphären nicht. Denn wer weiss schon genau, was Atmosphären ausmacht? Sprechen wir nicht bevorzugt von «Atmosphäre», wenn uns etwas an einem Ding, einem Menschen oder einer Umgebung anrührt, wir das auslösende Moment aber gar nicht genau beschreiben können? Wenn die präzisen Worte fehlen oder der analytische Zugriff?
Wenn zuweilen das beschönigende «in angenehmer Atmosphäre» sogar dafür herhält, ein Scheitern zu verschleiern?
Gernot Böhme versucht in seinen beiden grundlegenden Werken «Atmosphäre»1 und «Architektur und Atmosphäre»2 handhabbar zu machen, was zunächst unklar erscheint: «Das primäre Thema von Sinnlichkeit sind nicht die Dinge, die man wahrnimmt,» schreibt Böhme, «sondern das, was man empfindet: die Atmosphären.» Das Affektive, die Emotionalität, die Gefühle und das Imaginative erhalten einen eigenständigen Stellenwert. Gernot Böhme erklärt die Atmosphäre zum Grundbegriff einer Neuen Ästhetik, wie auch zu deren zentralen Erkenntnisgegenstand.
Was heisst das konkret?
Atmosphären sind weder etwas Objektives, d.h. Eigenschaften, welche ein Ding, ein Objekt besitzt, noch beschreiben Atmosphären den Seelenzustand des Betrachtenden. Sondern: «Das, wodurch Umgebungsqualitäten und das menschliche Befinden aufeinander bezogen sind, das sind die Atmosphären.» Es braucht also notwendigerweise zwei Parts für eine Atmosphäre, das Ding und den Betrachtenden: «Atmosphäre ist die gemeinsame Wirklichkeit des Wahrgenommenen und des Wahrnehmenden.» Das macht die Sache noch nicht einfacher, wissen Gestaltende doch ab jetzt: Das Design des Produkts, des Raums, das «Wahrgenommene» macht bestenfalls die Hälfte der Atmosphäre aus.
Harmonie als Sonderfall der Atmosphäre
So gesehen kann Harmonie den ästhetischen Aspekten der Atmosphäre zugerechnet werden: Von griech. harmonia, (Zusammen-) Fügung, wird in der Harmonie – umgangssprachlich aufgefasst – Nichtzusammenpassendes zu einem passenden Ganzen: Stehen die Schwingungen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander, sagt die Harmonielehre, empfinden wir das Ganze als stimmig. Zweitens gehören zu diesem Ganzen das gesamte Spektrum der Schwingungen: die hörbaren, sichtbaren, fühlbaren, und auch die Gerüche.
Synästhetische Anforderungen
Das bedeutet: Alle unsere Sinne möchten gleichzeitig angesprochen werden. Je vielfältiger, desto befriedigender. Das passiert in unseren gestalteten Aussenräumen schon ohne grosses menschliches Zutun. Der im Zuge der Health and Care-Bewegungen postulierte Nachholbedarf besteht in der auf die Sinne gerichteten Gestaltung unserer Innenräume. Gerade hierfür zeigen sich Teppiche, teppichähnliche und textile Strukturen als dankbare Helfer: Durch die schier unbegrenzten Kombinationsmöglichkeiten aus Material und Farbe, Fläche und Konstruktion kann jede erdenkliche Wirkung erzielt werden: an Decken und Wänden, auf Böden und frei im Raum.
«Wenn der Teppich stimmt, ist der Raum gestimmt.»
Die Teppichmanufaktur Ruckstuhl bespielt die Klaviatur der textilen Raumwirkungen virtuos. Wenn der Teppich stimmt, ist der Raum gestimmt. Passende Teppiche bzw. strukturale textile Lösungen vermögen Räume in Schwingungen zu versetzen. Damit Atmosphäre entstehen kann und Harmonie – durch Part zwei, den wichtigeren: der anwesende und wahrnehmende Mensch.
1 Atmosphäre. Gernot Böhme. Edition Suhrkamp, Band 927. 1995 Suhrkamp Frankfurt a. M.
2 Architektur und Atmosphäre. Gernot Böhme. 2006, Wilhelm Fink Verlag, München